Besuch des Cologne Broadcasting Center (cbc) in Köln am 6. Oktober 1995

Vier Sender unter einem Dach

Der Satelliten-Beobachter-Club e.V. zu Besuch im Cologne Broadcasting Center (cbc) in Köln

Das Cologne Broadcasting Center (cbc) in Köln stellt den vier privaten Fernsehsendern Super RTL, Viva TV, Viva 2 und Vox Dienstleistungen rund um Sendetechnik, Produktion und Postproduction zur Verfügung. Von der Kamera-Aufnahme über die hauseigene SNG-Aufbereitung bis zur abgehenden Glasfaserleitung übernimmt das cbc für diese Fernsehprogramme zukunftsorientiert sämtliche Dienste in der technischen Sendeabwicklung. Das cbc gewährte den Mitgliedern des Satelliten-Beobachter-Club e.V. am 6. Oktober während einer eingehenden Besichtigung einen Blick hinter die Kulissen des Sendezentrums.

Das cbc im Kölner Stadtteil Ossendorf ist mit vier ansässigen privaten Fernsehsendern eines der großen und wichtigen Sendezentren für private Fernsehprogramme in Deutschland. Die verfügbare Gesamtfläche des cbc beträgt 8.000 Quadratmeter, wovon 3.000 den Vertragspartnern als Studios und Produktionsstätten zur Verfügung stehen.

Columbia Tristar und Erasmus Film nutzen vor allem die Möglichkeiten der Postproduction von Filmsequenzen, Sendungen von Viva TV wie „Interaktiv“, „Vivasion“ oder „Laß‘ die Sonne rein“ werden vor Ort live aufgenommen und gesendet. Das cbc hat zur Zeit 80 feste sowie etwa 160 freie Mitarbeiter und wird von den Gesellschaftern RTL Television, CLT, Ufa und den Gebrüdern Breuer getragen.

Sendetechnik:
Die Sendeabwicklung im cbc – das eigentliche Herzstück des gesamten Komplexes – wird für jeden der vier Sender einzeln und unabhängig voneinander durchgeführt. Für Vox, Viva und Viva 2 steht analoges Studioeqipment zur Verfügung. Dabei können Vox und Viva TV auf jeweils ein BVC-1000 LMS-Automationssystem, einer vollautomatischen motorgesteuerten Betacam-Kasettenverwaltung (Library Manage System) für 1.000 MAZ-Bänder mit jeweils sechs Recordern, zurückgreifen. Für Viva 2 steht ein BVC-400 für vierhundert Kasetten bereit.

Auf diesen Magnetbändern sind z.B. Serien, vorproduzierte Sendungen, Werbeclips, Interwiews usw. aufgenommen. Die Aufzeichnungen können von der Sendeleitung aus fernbedient abgespielt und gemischt (zum Beispiel für Werbeunterbrechungen) werden. Ein Laser-Recoder mit Digital/Analog-Wandler für wiederbespielbare CD’s (32 Minuten) wird zur Zeit von Vox für die morgendlichen „Strandbilder“ genutzt.

Super RTL produziert seine Sendungen dagegen digital. Die Abwicklung des jüngsten Sender innerhalb des cbc erfolgt mit Hilfe digitaler Aufzeichnungen und angeschlossenen Großcomputern. Für Super RTL steht ebenso ein BVC-1000 LMS-System zur Verfügung, die Aufzeichnungen liegen aber in digitalem Betacam vor.

Für die Einspielung von Promotion-Clips oder dem nächtlichen Kaminfeuer hat das cbc einen Computer mit einer neun GigaByte-Harddisk bereitgestellt. Die Digital/Analog-Wandlung des Sendesignals erfolgt erst kurz vor dem Ausgang der abgehenden Leitung aus der Schaltzentrale.

Sämtliche Systeme innerhalb des Sendewegs sind für alle Sender doppelt ausgelegt und sorgen für die erforderliche Redundanz noch im eigenen cbc-Sendekomplex. Für alle vier Sender existieren Glasfaser-Standleitungsverbindungen zur Verteilstelle Köln 8. Von dort aus wird Viva direkt auf Eutelsat II-F1, 13° Ost, gesendet.

Vox, Viva 2 und Super RTL werden über Richtfunk zum Satellitenkontrollzentrum der Deutschen Telekom in Usingen weitergeleitet. Für Vox wird zum Beispiel der Uplink von dort nur auf DFS-Kopernikus 1 (FM 3), 23,5° Ost, durchgeführt. Für die Astra-Ausstrahlung wird in Luxemburg das Kopernikus-Signal empfangen und der Reuplink koordiniert.

SNG-Technik:
Im zentralen Schaltraum des cbc können die Downlinks verschiedener Satelliten mit den drei großen Satellitenanlagen empfangen werden. Der größte Spiegel auf dem Dach des cbc, ein Sechzehn-Segment-Cassegrain-Spiegel von Dornier mit einem Durchmesser von 6,1 Metern, wird für den eigentlichen professionellen SNG-Empfang genutzt. Der Reflektor hat mit dem installierten Zwei-Achs-Rotor einen Drehbereich zwischen 60° Ost (Intelsat 604) und 45° West (PanAmSat-1).

Zur Umsetzung des einfallenden HF-Signals steht nur ein DualBand-LNB (10,95-11,7 GHz und 12,5-12,75 GHz) zur Verfügung, so daß Signale aus dem C-Band (z.B. aus Asien, Afrika oder Amerika über Stationar, Intelsat oder Telecom-Satelliten) nicht direkt im cbc empfangen werden können.

Der zweite Großspiegel hat einen Durchmesser von 3,7 Metern und besitzt eine Polarmount-Steuerung, die unabhängig vom Sechs-Meter-Spiegel angesteuert werden kann. Der dritte SNG-Empfangsreflektor, eine 2,2-Meter große Prime-Focus-Antenne, wurde fest auf die HotBird-Position 13° Ost von Eutelsat ausgerichtet.

Zur Überprüfung der im cbc produzierten Fernsehprogramme und zum Empfang von Datendiensten verschiedener Nachrichtenagenturen stehen weitere sieben Spiegel bereit. Über zwei 1,8 Meter große Antennen wird das Signal von DFS-Kopernikus 1 (FM 3) (23,5° Ost) bzw. vom Astra-Satellitensystem (19,2° Ost) empfangen. Zur Simulation des DTH-Empfangs steht eine 60 cm-Schüssel (Astra) bereit.

Ein Relikt aus vergangenen Tagen befindet sich ebenso noch auf dem Dach des cbc: Eine 1,2 Meter-Empfangsantenne für TV-Sat 2, eingerichtet auf 19° West. Dieser Reflektor sollte als Kontrollempfanganlage der früher geplanten Ausstrahlung von Vox über den inzwischen verpachteten Telekom-DBS-Satelliten sicherstellen.

Zur Aufbereitung der SNG-Signale stehen in der Sendeleitung drei professionelle Satellitenreceiver bereit, die gegebenenfalls an einen Normwandler angeschlossen werden können. Der einwandfreie Farbempfang von Pal, Secam, NTSC und deren SoundInSync-Codierungen kann so realisiert werden. Ein B-Mac, D/D2-Mac sowie ein MPEG-Decoder stehen dem cbc nicht zur Verfügung.

Produktion:
Auf dem Gelände des cbc befinden sich zwei Studios mit einer Größe von 200 und 450 Quadratmetern. Dort können Sendungen professionell aufgenommen und auch live gesendet werden. Die Studios sind mit vier beziehungsweise fünf Kameras bestückt und werden über jeweils ein Lichtstellpult mit 124 beziehungsweise 264 Kreisen ausgeleuchtet.

Bild- und Tonregie sind in beiden Produktionsräumen getrennt und mit hochwertigsten elektronischen Einrichtungen wie Bild- und Tonmischpulte, Schriftgeneratoren, Bildspeicher und digitalen Effektgeräten ausgerüstet. Zur richtigen Vertonung der jeweiligen Sendung trägt die drahtlose Sechs-Kanal Sennheiser-Mikrophonanlage bei. Für die Kommentierung wurde eine Sprecherkabine eingerichtet, eine vorhandene Simultan-Dolmetscheranlage kann für Interwiews mit ausländischen Gästen verwendet werden.

Postproduction:
Die Postproduction, die Nachbearbeitung einer Sendung oder eines Filmes vor der Sendung, wird ebenso im cbc durchgeführt. Dabei nutzen Viva TV, Viva 2 und Vox wiederum analoge Komponenten, Super RTL kann auf digitale Aufnahmeverfahren zurückgreifen.

Eingegangene Reportagen auf Kasetten, z.B. aus einer SNG-Übertragung, werden an acht analogen Komponenten-Schnittplätzen (Viva TV, Viva 2 und Vox) und zwei digitalen Schnittplätzen (Super RTL) bearbeitet. Dabei hat die digitale Nachbearbeitung große Vorteile, da die direkte Zwischenspeicherung auf Harddisk sowie eine Kompression von bis zu 1:3 der aufgenommenen digitalisierten Bilder möglich ist.

Grafiken, Inserts, Animationen und Logos werden in zwei PaintBoxen (Standbilder, Hinweistafeln, etc.) mit einer Harddisk-Speicherkapazität von zehn Gigabyte und drei HAL-Animationsystem-Großrechnern zur Wiedergabe von animierten Bildern oder beweglichen eingemischten Bildteilen entworfen und in die Sendungen eingebaut. Die Aufnahme der fertigen Bildsequenzen erfolgt am Ende der Postproduction auf Betacam-Kasetten, welche in den LMS-Systemen direkt abgespielt werden können.

Ausblick:
Noch in diesem Jahr wird das cbc, in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom AG, den Uplink der Programme Viva TV und Viva 2 vom Firmengelände aus durchführen. Die erforderliche Uplink-Antenne inklusive Gerätecontainer wurde bereits errichtet. Die Sendeleistung der Wanderfeldröhrenverstärker erlaubt eine Sendeleistung von bis zu 500 Watt pro Kanal, wobei durch die Verwendung eines 3,1 Meter-Reflektors für den Uplink auf Eutelsat II-F1 pro Halbtransponder etwa 150 Watt HF-Ausgangsleistung ausreichen dürften.

In den nächsten Jahren will das cbc auch einen Uplink zum Astra-Satellitensystem errichten, die erforderliche, von seiten der SES vorgeschriebene Größe liegt bei neun Metern Antennendurchmesser.

Fazit:
Das cbc zeichnet sich durch Kompetenz und Flexibilität in der Produktion, Nachbearbeitung und Sendeabwicklung unter einem Dach aus und wird auch weiterhin eines der führenden Sendezentren in Deutschland bleiben. Der Satelliten Beobachter Club e.V. bedankt sich auch auf diesem Wege bei den Herrn Ingenieuren Harald Pickhardt, Mohammad Fayad und Wilfried Klinke und sowie dem gesamten Team für die äußerst interessante Führung durch das cbc und die fachmännische Beantwortung unserer Fragen.

Dieser Artikel wurde von SBC-Mitglied Andreas Voigt geschrieben.